Seine Gründung vor 700 Jahren feiert die Stiftung Bürgerspital zum Hl. Geist. Das hauseigene Weingut steuert gleich zwei Geburtstagsgeschenke bei: Zum einen hat soeben beim wichtigsten fränkischen Weinwettbewerb „Best of Gold“ eine Rieslaner-Beerenauslese der Würzburger Abtsleite aus dem Jahrgang 2008 in der Klasse Edelsüß die Siegestrophäe geholt. Zum anderen wird heute als weithin sichtbares Zeichen einer dynamischen Entwicklung des Weingutes ein neuer Weinberg am Nikolausberg eingeweiht.

Der Name für die neue Anlage muss noch gefunden werden, sagt Weingutsdirektor Robert Haller. Allerdings wird er auf den Flaschen nicht auftauchen, denn aus dieser Anlage sollen keine Lagenweine, sondern nur Orts- und Gutsweine kommen. Verpächter des Grundstückes ist die benachbarte Königlich privilegierte Hauptschützengesellschaft, die es an diesem Freitag, 20. Mai, bei der Einweihung richtig krachen lassen will. Beginn ist um 15 Uhr, Zugang über den Johannisweg.

Fünf der 7,5 Hektar großen Fläche wurden in diesen Tagen mit Silvaner-Reben bepflanzt, auf die restliche Fläche kommt vermutlich in zwei Jahren Müller-Thurgau. 21 000 Setzlinge in so kurzer Zeit und wie an der Schnur gezogen zu pflanzen, ist eine Aufgabe für Spezialisten. Geleistet hat sie das Heidingsfelder Unternehmen Hofmann, das dafür eine 100 000 Euro teure, satellitengesteuerte Pflanzmaschine eingesetzt hat. 800 Reben, und das zentimetergenau, bringt sie in einer Stunde in den Boden.

Mit der Neuanlage wächst die Weinbergsfläche des Bürgerspitals auf 120 Hektar. Das Weingut gehört damit zu den zehn größten in Deutschland. In Franken ist es das Weingut mit dem größten Rieslinganteil, der bisher bei 20 Rebsorten mit gut 30 Prozent Anteil die Hauptrebsorte war. Mit der Neuanpflanzung hat nun der Silvaner knapp die Nase vorn.

Vom Nikolausberg darf das Bürgerspital im Schnitt 40 000 Liter Wein pro Herbst erwarten, eine Menge, die nach den Worten von Haller auch dringend gebraucht wird, denn die Nachfrage ist bei relativ stabilen Ernten gestiegen, so dass das Bürgerspital seit Jahren am Limit arbeitet.

Weinbau ist im Bürgerspital über Jahrhunderte Wegbegleiter, finanzielle Stütze und Aushängeschild. Im Jahr 1321 ist die erste Zustiftung von Weinbergen im Sand (heutige Sanderau) und am Lindlein im Steinberg dokumentiert. Heute stehen die Reben des Spitals in den Lagen Würzburger Stein, Stein-Harfe, Innere Leiste, Pfaffenberg, Abtsleite, Randersackerer Teufelskeller, Pfülben und Marsberg und am Veitshöchheimer Sonnenschein.

Die finanzielle Situation im Weingut ist seit Jahren trotz hoher Investitionen wieder in einem stabilen Ertragsbereich, so dass ein erfreulicher Betrag für das Gemeinwohl zur Verfügung steht, sagt Haller. Der neue Weinberg bringe ohne viel Mehrkosten noch eine deutliche Steigerung des Ergebnisses.

Dieses positive Ergebnis nach schwierigen Jahren ist nicht zuletzt dem weitsichtigen Management von Robert Haller zu verdanken. Der Schwabe war früher in der Datenverarbeitung tätig und ist erst später zum Weinbau gekommen.

Nach einem Praktikum bei Bassermann-Jordan hat er Weinbau und Önologie in Geisenheim studiert, war beim weltberühmten Weingut Antinori in der Toskana, fünf Jahre in einem Weingut im Markgräfler Land in Südbaden, schließlich 13 Jahre Weingutsleiter bei Fürst Löwenstein in Kreuzwertheim, bevor er 2007 Chef des Bürgerspital-Weingutes wurde.

Verantwortung in seinem Bürgerspital-Team tragen Kellermeister Elmar Nun, Technischer Leiter Karl Brand, die Winzermeister Burkard Heßdörfer und Günter Wohlfart, Verkaufsleiter Thomas Hammerich und der Leiter des Weinhauses Giovanni Bellanti.

Unter Robert Haller wurde jedes Jahr kontinuierlich ins Weingut investiert: in neue Technik für Ernte, Transport und Traubenverarbeitung, in die moderne Vinothek „Weinbau unterm Glockenspiel“ als junges Gesicht nach außen und als Zeichen der handwerklichen Kunst im Weingut, in diesem Jahr nun in das „Genussreich“ in der Kelterhalle, ein moderner Raum für Weinproben mit Kunden und Kollegen, dazu eine neue Toilettenanlage für Veranstaltungen in der Kelterhalle.

Über all dem aber steht als Garant des Erfolges Hallers Weinphilosophie: klare brillante Weine als Essensbegleiter, puristische Weine, die das Spiegelbild ihrer Landschaft, des Terroirs sind, Weine, bei denen die Mineralität und nicht Süße und Fruchtigkeit im Vordergrund stehen.

(Quelle: Mainpost vom 20.05.2016)